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Muttermilch und Babynahrung: Die Entwicklung der Säuglingsnahrung

Prof. Dr Karl Zwiauer


Pädiater und andere medizinische Fachkräfte stimmen überein, dass Stillen das Beste für Babys ist. Sie sind sich aber auch einig darüber, dass es sichere Alternativen gibt, um eine optimale Ernährung sicherzustellen, wenn es nicht möglich ist zu stillen. Als Zusatz zum Stillen oder in Fällen, wo Stillen kontraindiziert ist, kann Säuglingsnahrung viele Vorteile bieten. Strenge Gesetze über die Herstellung von Säuglingsnahrung regeln die Makronährstoffe, wie Eiweissquellen, Gehalt und Zusammensetzung von Kohlenhydraten, sowie Mikronährstoffen und Zusätzen.

Auf dem Markt ist eine Vielzahl von unterschiedlichen Säuglingsnahrungen erhältlich, um alle Bedürfnisse abzudecken. Säuglingsanfangsnahrung, die speziell für die ersten 4 Lebensmonate entwickelt wurde, kann, wie Muttermilch, hinsichtlich Menge und Frequenz ad libitum gegeben werden. Es wird außerdem empfohlen, diese Säuglingsanfangsnahrungen über das gesamte 1. Lebensjahr hinweg zu füttern, anstatt auf Folgenahrungen umzusteigen. Zusätzlich sind auch Hypoallergene (HA) Nahrungen erhältlich, die verwendet werden sollten, falls es in der Familienanamnese allergische Erkrankungen gibt und somit ein erhöhtes Allergierisiko besteht. Diese soll bis zur Beikosteinführung im 5. und 6. Lebensmonat gegeben werden. Die meisten derzeit auf dem Markt erhältlichen Säuglingsnahrungen enthalten langkettige, mehrfach-ungesättigte Fettsäuren (LC-PUFAs). Die Zugabe von LC-PUFAs, wie DHA wirkt sich positiv auf die Reifung des kindlichen Sehvermögens aus und es gibt darüber hinaus Hinweise, dass diese weitere Vorteile für die kindliche Entwicklung haben könnte.

In den letzten Jahren sind mehr und mehr so genannte „Spezialnahrungen“ auf den Markt gekommen, die für unterschiedliche medizinische Einsatzgebiete gedacht sind. Es ist wichtig festzuhalten, dass es nur sehr wenige Studien über die Wirksamkeit für die angegebenen Einsatzgebiete gibt. Diese sollten nur nach strikter Indikationsstellung durch den Arzt verwendet werden.

Die richtige Babyflasche und mehr

Generell soll Säuglingsnahrung mit frischem Trinkwasser zubereitet werden. Falls das Wasser einen hohen Nitrat- oder Bleigehalt aufweist, sollte abgepacktes, für die Säuglingsernährung geeignetes (Mineral) Wasser verwendet werden. In Gebieten mit unterdurchschnittlicher oder fraglicher Wasserqualität sind besondere Vorsichtsmaßnahmen angebracht.

Beim Füttern von abgepumpter Muttermilch und Säuglingsnahrung gleichermaßen, ist es wichtig, auf das richtige Fläschchen und Zubehör zu achten. Es hat sich gezeigt, dass Babyflaschen, welche das Risiko Luft zu schlucken minimieren, Koliksymptome reduzieren und die Sauerstoffsättigung (SPO2) erhöhen. Mit ausreichender SPO2 können Babys ihr Verhalten besser kontrollieren und beim Trinken Saugen und Atmen koordinieren. Außerdem ist es wichtig, dass das Saugerdesign der Mutterbrust in Form und Beschaffenheit möglichst ähnlich ist, sodass das Baby seine Saugmuskulatur richtig gebrauchen kann.

Während des Fütterns selbst sollten die Eltern darauf achten, die Technik beim Stillen so gut wie möglich zu imitieren: Körpernah, Blickkontakt sowie abwechselnd links und rechts Füttern.

Unabhängig davon, ob abgepumpte Muttermilch oder Säuglingsnahrung gefüttert wird, ist adäquate Hygiene in jedem Fall sehr wichtig. Flaschen, Sauger, Milchaufbewahrungscontainer, Milchpumpen etc. sollten einfach gut zu reinigen sein. Wird Muttermilch für längere Zeit eingefroren, sollen die Aufbewahrungslösungen mit Datum beschriftet werden, sodass die jeweils älteren Portionen früher verfüttert werden.

Über die Flasche hinaus

Schließlich kommt der Zeitpunkt, an dem Eltern mit der Beikosteinführung beginnen können. Dies ist normalerweise zwischen dem 5. und 6. Lebensmonat der Fall. Der Übergang von Stillen oder Flaschenfütterung zum selbstständigen Essen ist ein wichtiger Schritt in der Entwicklung eines Kindes. Ernährungs- und Essgewohnheiten werden ausgebildet und neue Sozialkompetenzen erlernt. Selber kochen bietet mehr Abwechslung und unterschiedliche Geschmäcker, wobei die Eltern auch ungewünschte Inhaltsstoffe, wie Zucker und Salz, besser kontrollieren können. Fertig-Babynahrung stellt allerdings eine sichere und praktische Alternative für viel-beschäftigte Eltern da.

Über die Jahre haben wir viel über Säuglingsernährung gelernt. Wir haben auch wichtige Fortschritte bei Sicherheit, Qualität und Vereinbarkeit mit der Entwicklung des Kindes von Babynahrung gemacht. Obwohl wir auch in diesem Bereich unser Wissen erweitern konnten, ist noch viel Forschung zu Inhaltsstoffen, Zusammensetzung und Wirkung von Muttermilch nötig. Es ist daher zu erwarten, dass mit zunehmendem Wissen um die Muttermilch auch die Entwicklung der Säuglingsmilchnahrungen weitergehen wird.

Prof. Dr. Karl Zwiauer

Pädiater

Prim. – Univ. Prof. Dr. Karl Zwiauer ist erfahrener Pädiater und Mitglied der Ernährungskommission der ÖGKJ (Österreichische Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde). Prof. Zwiauer ist einer der führenden Experten im Bereich Ernährung und seine Arbeiten wurden in einer Vielzahl anerkannter, wissenschaftlicher Medien publiziert.